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Beschwerden bzw. Krankheiten, die sich auf das Herz-Kreislaufsystem beziehen, können den Alltag der Betroffenen stark beeinflussen. Manche von ihnen können sogar lebensbedrohlich werden, während manche so gut wie keine Leistungsbeeinträchtigung hervorrufen.

Im Folgenden soll auf die wesentlichen Charakteristika der einzelnen Symptome und deren Einfluss auf einen möglichen GdS eingegangen werden. Die komplette Liste an Beschwerden und Krankheiten ist jedoch länger. Hierbei handelt es sich lediglich um eine exemplarische Übersicht.

Einschränkung der Herzleistung

Gerade dann, wenn die Herzleistung nur wenig beeinflusst wird, kommt es in der Regel zu keinen deutlichen Beeinträchtigungen. Atemnot und Co. treten oft erst bei einer starken Insuffizienz auf. Im schlimmsten Fall leiden die Betroffenen schon in Ruhe unter Atemnot, Herzklopfen usw. . Aufgrund der als besonders bedrohlich empfundenen Situation und der Hilflosigkeit, die mit einer merklichen Einschränkung einhergeht, entwickeln viele Patienten im Laufe der Zeit eine Angststörung, die es ihnen schwer macht, ihrem gewohnten Alltag nachzugehen.

Herzinfarkt und Operationen

Wurde ein Mensch, der unter einer Einschränkung der Herzleistung leidet, am Herzen operiert, wird mit Hinblick auf die Basis einer GdS Einschätzung auf die Leistungsbeeinträchtigung geachtet. Wurde beispielsweise eine Herzklappenprothese gesetzt, liegt der GdS in der Regel bei mindestens 30 %.

Die Beurteilung, die im Rahmen eines Herzinfarktes aktuell wird, verläuft ähnlich. Auch hier spielt die jeweilige Leistungsbeeinträchtigung eine Rolle.

Herzrhythmusstörungen

Herzrhythmusstörungen können die Leistungsfähigkeit des Herzens mehr oder weniger stark beeinflussen. Wurde den Betroffenen beispielsweise ein Kardioverter-Defibrillator implantiert, ist danach von einem Behinderungsgrad von mindestens 50 Prozent auszugehen.

Der Bereich der Gefäßkrankheiten

Klassische Gefäßkrankheiten werden von vielen Menschen nicht direkt in Verbindung mit Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems gebracht. Aber: gerade hier spielen sie eine wichtige Rolle. Zu den typischen Erkrankungen in diesem Bereich zählen vor allem:

  • arterielle Verschlusskrankheiten, wie sie zum Beispiel auch nach größeren, gefäßchirurgischen Eingriffen auftreten können
  • unkomplizierte Krampfadern
  • Bluthochdruck.

Wie auch mit Hinblick auf die weiter oben genannten Punkte können auch die Beschwerden im Bereich der Gefäßkrankheiten mit mehr oder weniger Einschränkungen verbunden sein. So kann es sich bei Krampfadern „nur“ um ein optisches Problem, jedoch auch um eine Krankheit handeln, die dafür sorgt, dass das komplette Bein nicht mehr beschwerdefrei eingesetzt werden kann.

Um hier eine Einordnung in den jeweiligen GdS zu gewährleisten, ist es daher wichtig, das Ausmaß der Beschwerden und die (noch vorhandene) Leistungsfähigkeit im Einzelnen zu beurteilen.

Für die Bemessung des GdS ist weniger die Art einer Herz- oder Kreislaufkrankheit maßgeblich als die Leistungseinbuße. Bei der Beurteilung des GdS ist zunächst von dem klinischen Bild und von den Funktionseinschränkungen im Alltag auszugehen. Ergometerdaten und andere Parameter stellen Richtwerte dar, die das klinische Bild ergänzen. Elektrokardiographische Abweichungen allein gestatten keinen Rückschluss auf die Leistungseinbuße.

9.1 Krankheiten des Herzens
 

9.1.1 Einschränkung der Herzleistung
 
 1. keine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung (keine Insuffizienzerscheinungen wie Atemnot, anginöse Schmerzen) selbst bei gewohnter stärkerer Belastung (z.B. sehr schnelles Gehen [7-8 km/h], schwere körperliche Arbeit), keine Einschränkung der Solleistung bei Ergometerbelastung;
bei Kindern und Säuglingen (je nach Alter) beim Strampeln, Krabbeln, Laufen, Treppensteigen keine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung, keine Tachypnoe, kein Schwitzen
0 – 10
 2. Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung (z.B. forsches Gehen [5-6 km/h], mittelschwere körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 75 Watt (wenigstens 2 Minuten);
bei Kindern und Säuglingen Trinkschwierigkeiten, leichtes Schwitzen, leichte Tachy- und Dyspnoe, leichte Zyanose, keine Stauungsorgane, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 1 Watt/kg Körpergewicht
20 – 40
 3. Leistungsbeeinträchtigung bereits bei alltäglicher leichter Belastung (z.B. Spazierengehen [3-4 km/h], Treppensteigen bis zu einem Stockwerk, leichte körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 50 Watt (wenigstens 2 Minuten);
bei Kindern und Säuglingen deutliche Trinkschwierigkeiten, deutliches Schwitzen, deutliche Tachy- und Dyspnoe, deutliche Zyanose, rezidivierende pulmonale Infekte, kardial bedingte Gedeihstörungen, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 0,75 Watt/kg Körpergewicht
50 – 70
 mit gelegentlich auftretenden, vorübergehend schweren Dekompensationserscheinungen80
 4. Leistungsbeeinträchtigung bereits in Ruhe (Ruheinsuffizienz, z.B. auch bei fixierter pulmonaler Hypertonie);
bei Kindern und Säuglingen auch hypoxämische Anfälle, deutliche Stauungsorgane, kardiale Dystrophie
90 – 100

(Die für Erwachsene angegebenen Wattzahlen sind auf mittleres Lebensalter und Belastung im Sitzen bezogen.)
 

Liegen weitere objektive Parameter zur Leistungsbeurteilung vor, sind diese entsprechend zu berücksichtigen. Notwendige körperliche Leistungsbeschränkungen (z.B. bei höhergradiger Aortenklappenstenose, hypertrophischer obstruktiver Kardiomyopathie) sind wie Leistungsbeeinträchtigungen zu bewerten.
 

9.1.2 Nach operativen und anderen therapeutischen Eingriffen am Herzen ist der GdS von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig. Bei Herzklappenprothesen ist der GdS nicht niedriger als 30 zu bewerten; dieser Wert schließt eine Dauerbehandlung mit Antikoagulantien ein. 

9.1.3 Nach einem Herzinfarkt ist der GdS von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig.
 

9.1.4 Nach Herztransplantation ist eine Heilungsbewährung abzuwarten (im Allgemeinen zwei Jahre); während dieser Zeit ist ein GdS von 100 anzusetzen. Danach ist der GdS selbst bei günstigem Heilungsverlauf unter Berücksichtigung der erforderlichen Immunsuppression nicht niedriger als 70 zu bewerten.

Anmerkung zu Nrn. 9.1 – 9.1.4

9.1.5 Fremdkörper im Herzmuskel oder Herzbeutel
 
 reaktionslos eingeheilt0
 mit Beeinträchtigung der Herzleistungsiehe oben

9.1.6 Rhythmusstörungen
 
Die Beurteilung des GdS richtet sich vor allem nach der Leistungsbeeinträchtigung des Herzens.

Anfallsweise auftretende hämodynamisch relevante Rhythmusstörungen (z.B. paroxysmale Tachykardien) je nach Häufigkeit, Dauer und subjektiver Beeinträchtigung
 
 bei fehlender andauernder Leistungsbeeinträchtigung des Herzens10 – 30
bei bestehender andauernder Leistungsbeeinträchtigung des Herzens sind sie entsprechend zusätzlich zu bewerten. 

nach Implantation eines Herzschrittmachers
10
nach Implantation eines Kardioverter-Defibrillators wenigstens50
bei ventrikulären tachykarden Rhythmusstörungen im Kindesalter ohne Implantation eines Kardioverter-Defibrillators wenigstens60

Anmerkung
 

9.2 Gefäßkrankheiten
 

9.2.1 Arterielle Verschlusskrankheiten, Arterienverschlüsse an den Beinen (auch nach rekanalisierenden Maßnahmen)
 
 mit ausreichender Restdurchblutung, Pulsausfall ohne Beschwerden oder mit geringen Beschwerden (Missempfindungen in Wade und Fuß bei raschem Gehen) ein- oder beidseitig0 – 10
 mit eingeschränkter Restdurchblutung (Claudicatio intermittens) Stadium II 
       Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von mehr als 500 m20
       Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von 100 bis 500 m30 – 40
       Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von 50 bis 100 m50 – 60
       Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von weniger als 50 m ohne Ruheschmerz70 – 80
 Schmerzen nach Gehen einer Wegstrecke unter 50 m mit Ruheschmerz (Stadium III) einschließlich trophischer Störungen (Stadium IV ) 
       einseitig80
       beidseitig90 – 100
Apparative Messmethoden (z.B. Dopplerdruck) können nur eine allgemeine Orientierung über den Schweregrad abgeben.

Bei Arterienverschlüssen an den Armen wird der GdS ebenfalls durch das Ausmaß der Beschwerden und Funktionseinschränkungen – im Vergleich mit anderen Schäden an den Armen – bestimmt.
 

Anmerkung
 

9.2.2  Nach größeren gefäßchirurgischen Eingriffen (z.B. Prothesenimplantation) mit vollständiger Kompensation einschließlich Dauerbehandlung mit Antikoagulantien
20
  
Arteriovenöse Fisteln 
 Der GdS richtet sich nach den hämodynamischen Auswirkungen am Herzen und/oder in der Peripherie. 

Aneurysmen (je nach Sitz und Größe)
 
 ohne lokale Funktionsstörung und ohne Einschränkung der Belastbarkeit0 – 10
 ohne oder mit nur geringer lokaler Funktionsstörung mit Einschränkung der Belastbarkeit20 – 40
 große Aneurysmen wenigstens50
 Hierzu gehören immer die dissezierenden Aneurysmen der Aorta und die großen Aneurysmen der Aorta abdominalis und der großen Beckenarterien. 

Anmerkung
 

9.2.3 Unkomplizierte Krampfadern
0

Chronisch-venöse Insuffizienz (z.B. bei Krampfadern), postthrombotisches Syndrom ein- oder beidseitig
 
 mit geringem belastungsabhängigem Ödem, nicht ulzerösen Hautveränderungen, ohne wesentliche Stauungsbeschwerden0 – 10
 mit erheblicher Ödembildung, häufig (mehrmals im Jahr) rezidivierenden Entzündungen20 – 30
 mit chronischen rezidivierenden Geschwüren, je nach Ausdehnung und Häufigkeit (einschließlich arthrogenes Stauungssyndrom)30 – 50

Anmerkung
 

Lymphödem
 
 an einer Gliedmaße
ohne wesentliche Funktionsbehinderung, Erfordernis einer Kompressionsbandage
0 – 10
 mit stärkerer Umfangsvermehrung (mehr als 3 cm) je nach Funktionseinschränkung20 – 40
 mit erheblicher Beeinträchtigung der Gebrauchsfähigkeit der betroffenen Gliedmaße, je nach Ausmaß50 – 70
 bei Gebrauchsunfähigkeit der ganzen Gliedmaße80
Entstellungen bei sehr ausgeprägten Formen sind ggf. zusätzlich zu berücksichtigen. 

9.3 Hypertonie (Bluthochdruck)
 
 leichte Form
keine oder geringe Leistungsbeeinträchtigung (höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen)
0 – 10
 mittelschwere Form
mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades (Augenhintergrundveränderungen – Fundus hypertonicus I-II – und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie), diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mm Hg trotz Behandlung, je nach Leistungsbeeinträchtigung
20 – 40
 schwere Form
mit Beteiligung mehrerer Organe (schwere Augenhintergrundveränderungen und Beeinträchtigung der Herzfunktion, der Nierenfunktion und/oder der Hirndurchblutung) je nach Art und Ausmaß der Leistungsbeeinträchtigung
50 – 100
 maligne Form
diastolischer Blutdruck konstant über 130 mm Hg; Fundus hypertonicus III-IV (Papillenödem, Venenstauung, Exsudate, Blutungen, schwerste arterielle Gefäßveränderungen); unter Einschluss der Organbeteiligung (Herz, Nieren, Gehirn)
100

Anmerkung
 

Funktionelle kardiovaskuläre Syndrome, (z.B. orthostatische Fehlregulation)
 
 mit leichten Beschwerden0
 mit stärkeren Beschwerden und Kollapsneigung10 – 20