Mit den Störungen, die mit Hinblick auf einen Grad der Schädigung in der Kategorie Sehorgan beurteilt werden, sind alle Beschwerden, die im Zusammenhang mit dem Sehvermögen stehen, gemeint.
Um hier jeweils individuell beurteilen zu können, ist es wichtig, sich an der jeweils korrigierten (!) Sehstärke zu orientieren. Auch Fragen wie „Leidet der Betroffene unter Ausfällen des Gesichtsfeldes?“ müssen beantwortet werden, um die Gesamtsituation korrekt bewerten zu können.
Die folgende Auflistung zeigt auf, wie vielseitig Beeinflussungen des Sehorgans auftreten können. Hierbei handelt es sich jedoch lediglich um einen Auszug. Die komplette Liste an möglichen Verletzungen und Beschwerden, ist länger und erfordert – auf Basis der vorgeschriebenen Untersuchungsmethoden – immer eine spezifische Beurteilung des jeweiligen Einzelfalls.
Verlust eines Auges/ einer Linse
Meist ist der Verlust eines Auges die Folge eines Unfalls. In der Regel wird hier mit einem GdS von 40 gearbeitet.
Ein wenig komplizierter gestaltet sich die Situation, wenn nicht das Auge, sondern eine Linse verloren wurde. Die Einordnung in den jeweiligen GdS basiert in diesen Fällen meist auf der noch vorhandenen Sehschärfe und bewegt sich in der Regel zwischen 10 und 30, sofern lediglich eine Linse betroffen ist. Für den Fall, dass tatsächlich beide Augen vom Linsenverlust betroffen sein sollten, gelten andere Richtwerte.
Augenmuskellähmungen/ Strabismus
Die Auswirkungen einer Augenmuskellähmung können sich auf verschiedenen Ebenen zeigen. Spätestens dann jedoch, wenn der Betroffene dazu gezwungen ist, ein Auge zu schließen, um Doppelbilder zu vermeiden, wird dies jedoch in den meisten Fällen mit einem GdS von mindestens 30 bedacht.
Gesichtsfeldausfälle
Wie Gesichtsfeldausfälle bewertet werden, ist im Wesentlichen von deren Ausprägung abhängig. In besonders schwerwiegenden Fällen ist ein GdS von 70 keine Seltenheit.
Eine ähnliche Herangehensweise wird auch im Zuge von Gesichtsfeldeinengungen praktiziert. Im Falle einer solchen Einengung auf 5° im Abstand vom Zentrum werden die Betroffenen oft mit einem GdB von 100 bedacht.
Der Ausfall des Farbensinns
Auch wenn Patienten oft – unter anderem auch psychisch – darunter leiden, Farben nicht bzw. nicht richtig erkennen zu können, ist der GdS, der in diesen Fällen Anwendung findet, meist eher gering. Lediglich dann, wenn die Betroffenen unter anderem auch unter Nachtblindheit leiden, wird ihnen meist ein GdS von 10 zugeschrieben.
Nach Operationen muss Heilungsbewährung abgewartet werden
Wie auch mit Hinblick auf andere Bereiche gilt auch im Zusammenhang mit Schädigungen am Sehorgan, dass es oft wichtig ist, für eine finale Beurteilung des GdS die Zeit der Heilungsbewährung abzuwarten.
So bildet das Sehvermögen nach einer Hornhauttransplantation zum Beispiel die Basis für eine entsprechende Einordnung. Wurde ein bösartiger Tumor im Bereich der Augen entfernt, gilt es sogar, eine Heilungsbewährung von fünf Jahren abzuwarten, um die langfristigen Auswirkungen final abschätzen zu können.
Während dieser Zeit – nach der OP bis zum Ablauf der besagten fünf Jahre – werden die Patienten mit einem GdS zwischen 50 und 80 bedacht.
Die Sehbehinderung umfasst alle Störungen des Sehvermögens. Für die Beurteilung ist in erster Linie die korrigierte Sehschärfe maßgebend; daneben sind u. a. Ausfälle des Gesichtsfeldes und des Blickfeldes zu berücksichtigen. Die Sehschärfe ist grundsätzlich entsprechend den Empfehlungen der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) nach DIN 58220 zu prüfen; Abweichungen hiervon sind nur in Ausnahmefällen zulässig (z.B. bei Bettlägerigkeit oder Kleinkindern). Die übrigen Partialfunktionen des Sehvermögens sind nur mit Geräten und Methoden zu prüfen, die den Richtlinien der DOG entsprechend eine gutachtenrelevante einwandfreie Beurteilung erlauben.Hinsichtlich der Gesichtsfeldbestimmung bedeutet dies, dass zur Feststellung von Gesichtsfeldausfällen nur Ergebnisse der manuellkinetischen Perimetrie entsprechend der Marke Goldmann III/4e verwertet werden dürfen. Bei der Beurteilung von Störungen des Sehvermögens ist darauf zu achten, dass der morphologische Befund die Sehstörungen erklärt. Die Grundlage für die GdS-Beurteilung bei Herabsetzung der Sehschärfe bildet die „MdETabelle der DOG“.Anmerkung | ||
4.1 Verlust eines Auges mit dauernder, einer Behandlung nicht zugänglichen Eiterung der Augenhöhle | 40 | |
4.2 Linsenverlust Linsenverlust korrigiert durch intraokulare Kunstlinse oder Kontaktlinse | ||
Linsenverlust eines Auges | ||
Sehschärfe 0,4 und mehr | 10 | |
Sehschärfe 0,1 bis weniger als 0,4 | 20 | |
Sehschärfe weniger als 0,1 | 25 – 30 | |
Linsenverlust beider Augen | ||
Beträgt der sich aus der Sehschärfe für beide Augen ergebende GdS nicht mehr als 60, ist dieser um 10 zu erhöhen. Die GdS-Werte setzen die Verträglichkeit der Linsen voraus. Maßgebend ist der objektive Befund. Bei Versorgung mit Starbrille ist der aus der Sehschärfe für beide Augen sich ergebende GdS um 10 zu erhöhen, bei Blindheit oder Verlust des anderen Auges um 20. Bei Unkorrigierbarkeit richtet sich der GdS nach der Restsehschärfe. | ||
Anmerkung | ||
4.3 Die augenärztliche Untersuchung umfasst die Prüfung der einäugigen und beidäugigen Sehschärfe. Sind die Ergebnisse beider Prüfungsarten unterschiedlich, so ist bei der Bewertung die beidäugige Sehschärfe als Sehschärfewert des besseren Auges anzusetzen. MdE-Tabelle der Doc | ||
Anmerkung | ||
4.4 Augenmuskellähmungen, Strabismus | ||
wenn ein Auge wegen der Doppelbilder vom Sehen ausgeschlossen werden muss | 30 | |
bei Doppelbildern nur in einigen Blickfeldbereichen bei sonst normalem Binokularsehen ergibt sich der GdS aus dem nachstehenden Schema von Haase und Steinhorst: | ||
bei einseitiger Bildunterdrückung durch Gewöhnung (Exklusion) und entsprechendem Verschwinden der Doppelbilder | 10 | |
Einschränkungen der Sehschärfe (z.B. Amblyopie) oder eine erheblich entstellende Wirkung sind ggf. zusätzlich zu berücksichtigen. | ||
Lähmung des Oberlides mit nicht korrigierbarem, vollständigem | ||
Verschluss des Auges | 30 | |
sonst | 10 – 20 | |
Fehlstellungen der Lider, Verlegung der Tränenwege mit Tränenträufeln | ||
einseitig | 0 – 10 | |
beidseitig | 10 – 20 | |
Anmerkung | ||
4.5 Gesichtsfeldausfälle | ||
Vollständige Halbseiten- und Quadrantenausfälle | ||
Homonyme Hemianopsie | 40 | |
Bitemporale Hemianopsie | 30 | |
Binasale Hemianopsie | ||
bei beidäugigem Sehen | 10 | |
bei Verlust des beidäugigen Sehens | 30 | |
Homonymer Quadrant oben | 20 | |
Homonymer Quadrant unten | 30 | |
Vollständiger Ausfall beider unterer Gesichtsfeldhälften | 60 | |
Ausfall einer Gesichtsfeldhälfte bei Verlust oder Blindheit des anderen Auges | ||
nasal | 60 | |
temporal | 70 | |
Bei unvollständigen Halbseiten- und Quadrantenausfällen ist der GdS entsprechend niedriger anzusetzen. | ||
Gesichtsfeldeinengungen | ||
Allseitige Einengung bei normalem Gesichtsfeld des anderen Auges | ||
auf 10° Abstand vom Zentrum | 10 | |
auf 5° Abstand vom Zentrum | 25 | |
Allseitige Einengung binokular | ||
auf 50° Abstand vom Zentrum | 10 | |
auf 30° Abstand vom Zentrum | 30 | |
auf 10° Abstand vom Zentrum | 70 | |
auf 5° Abstand vom Zentrum | 100 | |
Allseitige Einengung bei Fehlen des anderen Auges | ||
auf 50° Abstand vom Zentrum | 40 | |
auf 30° Abstand vom Zentrum | 60 | |
auf 10° Abstand vom Zentrum | 90 | |
auf 5° Abstand vom Zentrum | 100 | |
Unregelmäßige Gesichtsfeldausfälle, Skotome im 50°-Gesichtsfeld unterhalb des horizontalen Meridians, binokular | ||
mindestens 1/3 ausgefallene Fläche | 20 | |
mindestens 2/3 ausgefallene Fläche | 50 | |
Bei Fehlen eines Auges sind die Skotome entsprechend höher zu bewerten. | ||
Anmerkung | ||
4.6 Ausfall des Farbensinns | 0 | |
Einschränkung der Dunkeladaptation (Nachtblindheit) oder des Dämmerungssehens | 0 – 10 | |
4.7 Nach Hornhauttransplantationen richtet sich der GdS allein nach dem Sehvermögen. | ||
4.8 Nach Entfernung eines malignen Augentumors ist in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten; GdS während dieser Zeit | ||
bei Tumorbegrenzung auf den Augapfel (auch bei Augapfelentfernung) | 50 | |
sonst wenigstens | 80 |